Aus dem Religionsunterricht der 7a
Seit dem 1. September 2021 gehört das JAG offiziell zum Netzwerk „Schule ohne Rassismus“. Bei der Feierstunde in der Aula standen Worte von Sophie Scholl im Mittelpunkt, die im letzten Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Die junge Studentin wurde am 22. Februar 1943 in München hingerichtet, nachdem sie als Mitglied der „Weißen Rose“ versucht hatte, den Deutschen die Wahrheit über die Hitler-Diktatur zu sagen.
Vor nichts haben die Diktatoren dieser Welt so viel Angst wie vor der Wahrheit. Darum unterdrücken sie in ihren Ländern die freie Meinungsäußerung, schüchtern die Menschen durch die Androhung und Anwendung von Gewalt ein. Und wenn sie die Bevölkerung so im Griff haben, weiten sie ihre Machtfantasien auf andere, freie Länder aus.
Genau das geschieht, 80 Jahre nach der Diktatur in Deutschland, jetzt in Russland. Wir verfolgen fassungslos die Nachrichten über die Schrecken dieses Krieges gegen die Ukraine.
Putin hat die „Sophie Scholls“ in seinem Land schon mundtot gemacht. Es scheint kaum russischen Widerstand gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf ein souveränes Land geben.
Die Klasse 7a hat sich im Religionsunterricht mit Aussagen von Sophie Scholl beschäftigt, als sie jetzt über den Krieg in der Ukraine sprach. Daraus sind kleine Geschichten entstanden, die eindrücklich die Gedanken der Schülerinnen und Schüler widerspiegeln.
Im Mittelpunkt stand bei (fast) allen der Satz:
„Steh zu den Dingen, an die du glaubst, auch wenn du alleine dort stehst!“
Die Geschichte von Simon, Joel, Julian und Jonas:
„Ich bin Alexandr. Ich wohne in Kiew. Vor zwei Wochen sind die Russen in unser Land gestürmt. Die ganze Zeit hört man Sirenen. Ich und meine Familie sind fast die ganze Zeit im Keller. Wir planen eine Demonstration mit vielen zusammengetrommelten Leuten an der Ostgrenze der Ukraine. Mein Vater wird hier in Kiew bleiben, um unsere Stadt und unser ganzes Land zu verteidigen. Ich würde auch hierbleiben, bin aber noch zu jung.
Eine Woche später… „Wir stehen an der Grenze und werden bald anfangen zu demonstrieren. Da wir noch in der Ukraine sind, können wir nicht verhaftet werden. Es ist zwar trotzdem ein großes Risiko, aber wir werden es eingehen, damit der Krieg aufhört.“
Das sagen David, Lennert, Mattis und Lars:
Wir finden, der Satz passt sehr gut zum ukrainischen Präsidenten Selenskyj, denn er verteidigt das Land, obwohl er es schon längst hätte verlassen können. Er steht zu seinem Land und bleibt in der Hauptstadt, auch wenn Putin weiter vorrückt. Er hilft den Menschen, und die Bürger in der Ukraine bleiben durch ihn auch auf dem neuesten Stand. Er führt viele Gespräche, auch mit Russland, um Friedensverhandlungen in Gang zu bringen, obwohl es für ihn sehr gefährlich sein könnte, weil Putin ihn beseitigen will.
Nora, Vanessa und Albiosa sagen Folgendes:
Vor ein paar Tagen geschah etwas Schreckliches: Am Bahnhof wurde eine Frau verhaftet, weil sie in den sozialen Medien gegen den Krieg zwischen Russland und der Ukraine demonstriert hat.
Es ging darum, dass die Frau ein Schild hochhielt, auf dem stand, dass der Krieg nur Schwachsinn ist und dass sie Frieden will. Sie wurde vorerst in Haft genommen. Nach ein paar Tagen bot ihr das Gericht an, sie könne Geld bezahlen, um frei gelassen zu werden. Sie weigerte sich.
Die Frau stand zu den Dingen, an die sie glaubte, auch wenn sonst keiner sich traute, etwas zu sagen.
Carlotta, Luana, Pauline und Marlen schreiben:
Eine alte Frau, welche in Russland überall dafür bekannt ist, dass sie den Zweiten Weltkrieg überlebt hat, beschließt, an einer Demo gegen Putin teilzunehmen. Sie ist der Meinung, dass der Krieg nichts bewirkt und tausende Menschen unnötig sterben und Familien getrennt werden. Sie ist fest davon überzeugt, dass die Ukraine unterstützt werden muss und Putin gestoppt werden muss. Diese Meinung will sie an die Öffentlichkeit bringen. Sie und viele tausend andere Menschen wollen so viele andere wie möglich auch davon überzeugen.
An der Demo teilzunehmen, ist nicht ungefährlich, denn ihre Meinung ist in Russland verboten. Später wird sie von der Polizei verhaftet. Als der Polizist sie in den Wagen führt, fragt er sie: „Wollen Sie nicht lieber das zurücknehmen, was Sie bei der Demo gesagt haben?“ Darauf antwortet sie: „Nein, das werde ich nicht. Ich weiß, dass es richtig ist, zu den Dingen zu stehen, an die ich glaube, auch wenn ich allein dort stehen sollte.“
Mit diesen Worten macht sie dem Polizisten ein schlechtes Gewissen. Aber sie wird verhaftet.
Das ist die Geschichte von Lea, Marianna, Julia und Merle:
Seit genau zwei Wochen tobt der Krieg in der Ukraine. Die Menschen verstecken sich in U-Bahn-Schächten und Bunkern und wissen nicht, was draußen vor sich geht. Zivilisten sollen verschont werden, aber das klappt nicht und viele russische Soldaten halten sich nicht daran. Inmitten dieses Chaos lebt ein Mädchen im alter von 13 Jahren. Sie hat zwei große und ältere Brüder, die irgendwo im Krieg sind. Sie heißt Freier. Sie ist der festen Überzeugung, dass es ihren Brüdern und auch ihrem Vater gut geht. Ihre Mutter gibt es auch noch. Die beiden halten fest zusammen. Freier ist der festen Überzeugung, dass sie es irgendwann einmal schaffen wird, Frieden zwischen der Ukraine und Russland zu stiften. Leider steht sie mit diesem Glauben alleine. Der Krieg wütet weiter, aber noch kann die Ukraine standhalten. Es vergehen noch ein paar Wochen, aber es gibt immer noch keine Nachricht vom Vater und den Brüdern. Nach weiteren zwei Wochen hat Russland die Ukraine eingenommen. Schließlich kommen die beiden Brüder nach Hause. Sie sind so weit unverwundet. Nur der Älteste hat eine lange Narbe quer über das Gesicht. Die beiden haben auch nichts von ihrem Vater gehört. Es vergehen Wochen, Monate und Jahre, aber es gibt keine Spur von ihrem Vater, und so langsam kann Freier auch nichtmehr daran glauben, dass es ihrem Vater gut geht.
Mittlerweile ist sie 21 Jahre alt. Russland unterdrückt die Ukraine. Eines Tages geht Freier durch ihre Heimatstadt und sieht, wie russische Soldaten durch die Straßen marschieren. Ihr Schatten hinterlässt nur Schaden. Es kommt oft vor, dass eine oder mehrere Personen auf der Straße grundlos erschossen werden. Freier ist Polizistin und versucht, wieder Ordnung herzustellen. Sie hat Freunde und Kollegen, die sie dabei unterstützen.
Freier plant, dem russischen Volk mitzuteilen, dass sie falsche Informationen in Russland bekommen. Sie weiß, dass sie dadurch große Probleme bekommen wird, aber sie will es trotzdem durchstehen.
Schließlich reist sie mit ein paar Freunden unauffällig über die Grenze zu Russland. Sie fahren durch Gassen und Straßen mit Häusern, die zerstört sind. Selbst in Russland herrscht Putin über sein eigenes Volk nicht viel besser.
Sie fahren in das große Fernsehstudio, wo die Nachrichten von Russland an das Volk verteilt werden. Es sind aber „Fake News“. Sie schleicht unauffällig hinter das Podium der Sprecherin und hat in der Hand ein Schild mit der Aufschrift: „Glaubt diesen Nachrichten nicht! Sie sind verfälscht! Ihr werdet hier belogen!“
Ls dann schließlich so weit ist, taucht Freier vor der Kamera hinter der Nachrichtensprecherin auf. Sie hält das Schild direkt in die Kamera. Viele Menschen sehen das. Freier wird zu zehn Tagen Haft verurteilt.
Hat das alles jetzt etwas gebracht? Diese Frage bleibt weiterhin offen. Aber Freier hat sich an das Wort gehalten: „Steh zu den Dingen, an die du glaubst, auch wenn du alleine dort stehst!“
Arian schreibt:
Ein „normaler“ Tag in der Ukraine. Wir hatten kein TV, deswegen waren wir ein bisschen irritiert, warum alle so aufgewirbelt waren. Zwei Tage sind vergangen. Es ist mitten in der Nacht in Kiew. Ich höre etwas Lautes. Plötzlich geht der Bombenalarm los. Ich bekomme Panik. Meine Familie ist weg, nur mein kleiner Bruder schläft noch tief und fest. Ich wecke ihn auf und wir laufen in den Keller. Wir bleiben dort. Ich wache auf. Ich muss eingeschlafen sein. Ich stehe auf und gehe nach draußen. Alles ist zerstört. Eine Stunde später bin ich raus aus Kiew. Meinen Bruder habe ich mitgenommen. Wir landeten schließlich als schwarze Passagiere auf einem Güterschiff. Es fährt nach Hamburg. Als wir dort ankamen, war ich einfach dankbar, dass ich Deutsch kann. Schließlich fragte mich eine Frau: „Bist du ein Flüchtling? Brauchst du ein Zuhause?“ Ich antworte: „Ja.“
Sie führte mich zu ihrem Haus. Sechs Tage später arbeite ich in einem Friseursalon. Als Gegenleistung darf ich mit meinem kleinen Bruder in einer ihrer Wohnungen leben, die sie vermietet. Die Frau ist russischen Ursprungs. Trotzdem hat sie uns ohne zu zögern aufgenommen. Im Fernseher sehe ich, wie in Russland Leute gegen den Krieg demonstrieren. Russische Menschen. Ich dachte immer, alle Russen wollen den Krieg, aber das stimmt nicht. Nur der Präsident will den Krieg!
Ich stehe mit meiner Meinung dazu, dass nicht alle Russen den Krieg wollen und sie nicht böse sind, auch wenn ich mit dieser Meinung alleine stehe.
Ich lebe schon seit drei Wochen in Deutschland. Mir und meinem kleinen Bruder geht’s gut. Aber man muss hier in jedem öffentlichen Gebäude eine Maske tragen. Ich werde auch zu einem immer besseren Friseur. Was mit dem Rest meiner Familie geschehen ist, weiß ich nicht. Aber ich vermisse sie.
Auch im alltäglichen Leben macht Sophie Scholls Wort Mut, wie Henry, Johann, Moritz B. und Moritz L. erzählen:
Es war einmal ein Junge namens Johann. Er spielte oft mit seinen Freunden Fußball, bis er eines Tages mit seiner Schwester zum Tanzen ging. Es machte ihm dort so viel Spaß, dass er sich dort anmeldete. Seine Freunde, mit denen er immer Fußball gespielt hat, lachten ihn aus. Aber dann erinnerte er sich daran, was Sophie Scholl einmal sagte: „Steh zu den Dingen, an die du glaubst, auch wenn du alleine dort stehst.“
Seitdem lässt sich Johann nicht mehr ärgern und ignoriert die schlechten Dinge, die man zu ihm sagt.