Literaturkurs Deutsch SII Q1

Literaturkurs am Johannes-Althusius-Gymnasium

 

Literaturkurse ermöglichen ein sehr breites Spektrum verschiedener Projekte. Am JAG heißt das Projekt darstellendes Spiel. Sie wurden erstmals 1982 durchgeführt und sind seitdem fester Bestandteil des (kulturellen) Schullebens.

Das Selbstverständnis:

Das Selbstverständnis des Kurses am Johannes-Althusius-Gymnasium lässt sich mit fünf Begriffen umschreiben: „Armes Theater“, Gemeinschaft, Individualität, Prozess, ganzheitliches Lernen.

Individualität und ganzheitliches Lernen

Die Arbeit auf und für die Bühne stellt für die Schülerinnen und Schüler häufig insofern eine neue Herausforderung dar, als dass sie dem den Lernenden vertrauten kognitiven Zugang einen körperlichen und emotionalen hinzufügt; anders gesagt: Theaterarbeit erfordert jederzeit eine ganzheitliche Beteiligung.  Die Voraussetzungen sind, da es sich bei dem Literaturkurs nicht um ein durchgängiges Unterrichtsfach am JAG handelt, besonders heterogen. Deshalb müssen speziell hier individuelle Begabungen, Vorkenntnisse und Einstellungen vorausgesetzt werden. Es wird jedoch unterstellt, dass im Prinzip jede Schülerin und jeder Schüler – bei vorhandenem Interesse – in der Lage ist, Theater zu spielen, dass diese prinzipielle Möglichkeit allerdings empirisch gesehen unterschiedlich entwickelt ist. Eine ganzheitliche Entwicklung, in der „Stärken“ und „Schwächen“ der Persönlichkeit deutlich werden, aber auch überwunden werden können, ist möglich und wird angestrebt. Deshalb bietet der Literaturkurs viele Möglichkeiten der individuellen Förderung.

Jeder Schülerin und jedem Schüler steht in dem Kurs die Möglichkeit offen, sich nicht nur mit dem Inhalt und der Aussage des zu spielenden Stückes auseinanderzusetzen, sondern auch mit allgemeinen persönlichen Einstellungen, der eigenen Körperlichkeit und Emotionalität. Diese Auseinandersetzung findet, ausgesprochen oder unausgesprochen, vorwiegend in den Übungen und der Beschäftigung mit der Theaterrolle statt, aber auch in der Zusammenarbeit mit den Kursteilnehmern. Somit muss der Literaturkurs als Teil der Persönlichkeitsbildung angesehen werden.  (Vgl. zu den Arbeitsfeldern des Kurses und den abzuleitenden Kompetenzen die Übersicht „Grundlagen Theaterspielen“.)

Prozess

Die Aufführung des Stückes ist der Endpunkt, allerdings nicht das pädagogische Ziel des Literaturkurses. Sie stellt vielmehr den Orientierungsrahmen, den Zielpunkt dar. Die individuellen und gemeinschaftlichen Prozesse, die persönliche und fachliche Fortbildung stehen im Vordergrund und werden durch die Institution der Aufführung kanalisiert.

Gemeinschaft

Ergänzend und diese manchmal einschränkend tritt neben die Individualität die Idee der Gemeinschaft. Ein Schauspieler kann auf der Bühne nur dann die Zuschauer in seinen Bann ziehen, wenn er Mitspieler an seiner Seite hat, wenn die Bühne für ihn geplant, gestaltet und umgebaut wurde, wenn die Ankündigungen, die Programmhefte geschrieben und gedruckt wurden, die Technik ihn durch Präzision ins rechte Licht setzt. Das Projekt des Literaturkurses sieht sich als ein Projekt der Gemeinschaft. Insofern ist der Individualität in Form einer reinen Subjektivität ein übergeordnetes Korrektiv entgegengestellt. Jeder Schüler und jede Schülerin müssen neben der Übernahme einer Bühnenrolle ebenso wenigstens eine Aufgabe eben beschriebener und anderer Art übernehmen, mit Hilfe derer die Aufführung erst umsetzbar wird. Aus pädagogischer Sicht steht hier im Besonderen die  Möglichkeit des sozialen Lernens im Vordergrund.

„Armes Theater“

Der institutionelle Rahmen, dass heißt die finanzielle, materielle und logistische  Ausstattung ist neben dem im besten Sinne des Wortes zu verstehenden Laientum der Beteiligten nicht mit professionellen Bühnen zu vergleichen. Dies zu erkennen, bedeutet gleichzeitig, den Literaturkurs in der Tradition des „armen Theaters“ zu sehen, dass aus der „Not“ eine Tugend macht und nicht vordergründig das Historistische anstrebt, sondern beispielsweise im Mittel der Verfremdung oder der Wahl des Archetypischen seinen eigenen Weg sucht.

Trotz und innerhalb der genannten Einschränkungen gibt es einen Qualitätsanspruch innerhalb des Kurses, z.B. in Bereichen der Genauigkeit, der emotionalen Beteiligung usw.

Diesen Einzulösen bedarf es einer hohen inneren Bereitschaft, sich mit den gestellten Aufgaben ganzheitlich und kollegial auseinanderzusetzen, um am Ende die Aufführungsreife zu erreichen.

Die Organisation:

Die Inhalte des Kurses können variieren und sind jeweils von dem zu erarbeitenden Stück abhängig. Es gibt allerdings einen allgemeingültigen Aufbau. Vorwiegend im ersten Halbjahr erlernen die Schülerinnen und Schüler die schauspieltechnischen Grundlagen. Das bedeutet, dass neben Vertrauens und Gruppenübungen, die die Einheit stärken sollen, Übungen zur Körpersprache, zu Interaktion und Personenkonstellationen, Räumen, zur Arbeit mit Objekten und Sprache durchgeführt werden. In dieser Zeit arbeitet die Gruppe häufig angeleitet. In dieser Phase hat sich die Intensivphase in der Fahrten- und Projektwoche bewährt, in der die beschriebenen Kompetenzen aufgrund der verlängerten Unterrichtszeit vertieft und angewendet können.

Im zweiten Halbjahr liegt der Schwerpunkt der Arbeit am Stück. In dieser Phase wird von den Teilnehmern vermehrt die eigenständige Arbeit erforderlich, sei es in der Vorbereitung von Szenen, im Bau von Requisiten oder der häuslichen Übung der eigenen Rolle. 

Stellung/Funktion in der Schule:

Der Literaturkurs ist bemüht, überwiegend autark arbeiten zu können und versucht somit, die verschiedenen Talente und Interessen der Schülerinnen und Schüler zu nutzen und zu fördern.

Es können weitere Personen der Schule an dessen Arbeit beteiligt sein. So können z.B. Kooperationen mit den Kunstkursen der Oberstufe entstehen, bei der Aufführung helfen traditionell kursfremde Schüler der Jahrgangsstufe an den Aufführungstagen beim Kartenverkauf, dem Einlass und der Bewirtung, teils auch bei der Maske. Trotz der Betonung der Eigenständigkeit, die sich aus arbeitsökonomischen Erfahrungen entwickelt hat, stellt der Literaturkurs auch ein Bestandteil des fächerübergreifenden Lernens und sicherlich einen wahrnehmbaren Teil und eine kulturelle Bereicherung des Schullebens und des Lebens der Stadt dar, was unter anderem an dem erfreulichen Zuspruch seitens der Schülerinnen und Schüler, der Lehrenden und auch der Angehörigen an den Aufführungstagen abzulesen ist.

Stück- und Rollenwahl:

Traditionell wurden bisher dramatische Vorlagen namhafter Autoren zur Aufführung gebracht. Neu ist die Möglichkeit, auch Eigenproduktionen zu erarbeiten und zu präsentieren bzw. stärkere Eingriffe in/ Umschreibungen von etablierten Stücken vorzunehmen. Bei der Rollenverteilung können die Schüler immer Wünsche angeben. Entweder wird aus den Wünschen auf der Grundlage der bisherigen gemeinsamen Arbeit eine Auswahl durch die Kursleitung vorgenommen oder durch das Los entschieden.

Zur Benotung:

Prinzipien:

Im Literaturkurs werden keine schriftlichen Überprüfungen vorgenommen. Auch die Aufführung ist nicht als Abschlusstest gedacht. Die Note resultiert aus der sonstigen Mitarbeit vor der Aufführung.

Bei der folgenden Beschreibung der sonstigen Mitarbeit ist im Besonderen zu beachten, dass im ersten Halbjahr die Anleitung des Kurses durch den Kursleiter stärker gegeben ist, im zweiten die Eigenständigkeit der Schüler steigt.

Ferner ist vorauszuschicken, dass bei der schauspielerischen Leistung nicht allein ein absolutes Kriterium zur Anwendung kommt, sondern vor allem die individuelle Entwicklung gemessen an der Übernahme und Anwendung des gemeinsam Erarbeiteten.

Im zweiten Halbjahr positiv anzuerkennen ist das hohe Engagement, das zur Aufführung aus theatertechnischen Gründen notwendig ist und kurz vor der Aufführung zu Proben auch am Wochenende führen kann.

Eine Gewichtung der einzelnen Notenbestandteile kann aufgrund der Heterogenität (z.B. „Hauptrolle“ vs. „Zusatzarbeiter“) der Aufgaben und der Unterschiedlichkeit des Durchführungsformen nicht vorgenommen werden, wenn die Schüler in ihrer individuellen Leistung bewertet werden sollen.

Formen der sonstigen Mitarbeit:

  • angeleitete Übungen
  • häusliche Lektüre
  • Unterrichtsgespräch
  • Erarbeitung von Figuren, Szenen...
  • Vorführen
  • Zusatzaufgabe(n) (Technik, Bühnenbau, ...)
  • Art der Durchführung:
  • Zuverlässigkeit
  • innere Beteiligung
  • Eigenständigkeit
  • Einsatz für die eigene Rolle
  • Einsatz für die Allgemeinheit
  • Konstruktivität
  • Kreativität
  • Offenheit für Unbekanntes

 


      

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