Festschrift zum 50. Jubiläum des JAG wieder aufgetaucht
Dank unserer "lebenden Geschichte" Rainer Gelies konnte die Festschrift zum 50. Jubiläum der Schule im Jahre 1975 digital aufbereitet werden und wird hier einem größeren Publikum in Ausschnitten wieder zugänglich gemacht. Unsere Gegenwart hat Geschichte: viele werden sich an guten Erinnerungen freuen, die Jüngeren unter uns wird das Bildmaterial interessieren, einen Klick ist dieser Beitrag ganz sicher wert. Viel Spaß!
JAG 1975 Festschrift
Vorwort
50 Jahre Schulgeschichte werden lebendig. Ein kleines Schieferhaus in der Oberstadt steht am Anfang; dann führte der Weg ins Tal - aber von "Talfahrt" und Abstieg kann keine Rede sein. Heute ist allein die Turnhalle größer als das alte Schulgebäude. Diese Entwicklung ist die Folge unablässig steigender Schülerzahl; aber dieses Wachstum ist besonders in unserer Zeit mehr als ein statistischer Wert: Es zeigt ein Umdenken an; Bildung und Ausbildung werden von sozialen Veränderungen erfaßt; nicht einfach nur mehr Schüler, sondern junge Menschen aus anderen, früher fernstehenden sozialen Gruppen ziehen in das Gymnasium. Wachstum wird Abbild struktureller Veränderung. Das ist nur ein Beispiel. Die Berichte in diesem Heft zeigen, daß sich die Schule immer verändert hat - nur heute geschieht das explosionsartig. Da liegt eine Gefahr; auch Kinder wachsen nicht im Zeitraffertempo. Zwar ist die rasche Veränderung ein Zeichen unserer Zeit; aber wir sollen uns nicht einfach nur anpassen ‑ "eins, zwei, drei,imSauseschritt eilt die Zeit - wir eilen mit ! "
Die Anworten auf die Fragen und Forderungen, ja Herausforderungen der Zeit werden nur gefunden durch ein ständiges, geduldiges Bemühen aller Beteiligten. Auch Eifer und Engagement bedürfen, soll ihnen nicht der Erfolg versagt bleiben, der Gelassenheit. Die Oberstufenreform ist vielleicht die einschneidendste Veränderung, die unser Gymnasium in seiner Geschichte erlebt hat. Aber die Rätsel, die sie täglich Lehrern und Schülern (immer noch!) aufgibt, werden sicher nur gelöst, wenn man den Ratenden Zeit und Ruhe zuteil werden läßt.
Das Gymnasium steht heute im Wettstreit mit Formen der Schule, die andere Antworten auf die Veränderungen und damit Forderungen der Gesellschaft bedeuten. Der besseren Antwort soll im Interesse der Kinder die Zukunft gehören. Wenn man den vernünftigen Reformen, die das Gymnasium heute erlebt, die Chance gibt auszureifen, wird das Gymnasium erneut seine Leistungsfähigkeit in der Gesellschaft und für die Gesellschaft unter Beweis stellen.
Dann wird dieses Jubiläum nicht das letzte sein, das am Johannes-Althusius-Gymnasium gefeiert wird.
Horst Oberwörder
Schulleiter
S7
Vorgeschichte der Schule
Gekürzter Bericht des Schulleiters der "Höheren Knaben- und Mädchenschule Berleburg" Karl Schneider, aus dem Jahre 1922
Das erste Schuljahr der "Höheren Knaben- und Mädchenschule" liegt hinter uns! Da wird es von Interesse sein, in großen Zügen die Entwicklung unserer Schule zu überblicken! Am 17. November 1865 teilte Superintendent Winckel - Berleburg dem damaligen Bürgermeister Barth folgendes mit: "Der Kaufmann Carl Bettelhäuser zu Mainz hat mir am 31. Oktober d.J., als am Reformationsfeste, für unsere evangelische Gemeinde ein Geschenk von 20 000 Francs unter folgenden Bedingungen gemacht: Der Hauptzweck des Geschenkes ist, solchen jungen Leuten, welche sich die Elementarkenntnisse gründlich angeeignet haben, gute Zeugnisse seitens des evangelischen Schulvorstandes vorlegen können und die Fähigkeit und Lust haben sich durch fleißiges Lernen für Handwerke, Gewerbe, Bureau- und Comptoirdienst, oder auch zu Elementarlehrern weiter auszubilden, allein die Mittel dazu nicht besitzen, den geeigneten kostenfreien Unterricht zu verschaffen. "
... Unterm 17. August 1867 wurde von der Regierung Arnsberg die Errichtung einer höheren Stadtschule genehmigt.
Die spätere Entwicklung gibt uns die Berechtigung, diesen Tag als eigentlichen Gründungstag auch unserer heutigen höheren Schule zu übernehmen, da seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen ein über das Lehrziel der Volksschule hinausgehender Unterricht erteilt worden ist.
Kollegium der Mittelschule Ob. Reihe. unbekannt, Lückert,Müschen
Klemp, Lautier, guter Unt.Reihe: Rutkamp, Florin, Dabel,
...(Es folgt eine Darstellung der Geschichte dieser Rektoratsschule bis 1877, in welchem Jahr sie "als solche" aufgehoben und "mit einer an der Volksschule zu errichtenden Mittelschulklasse (Selecta) " verbunden wurde. Im Lauf der Zeit wurde diese Mittelschule erweitert, zuletzt am 1. April 1920 um eine 5. Klasse.) ... Parallel mit dieser Entwicklung liefen die Bemühungen des Bürgermeisters Hornung, die Mittelschulklassen zu einer höheren Schule (zunächst nur mit Untersekundareife) auszubauen. Die Stadt Berleburg, die in ihren Bestrebungen s.Zt. nur von dem Gutsbezirk unterstützt wurde, mußte versuchen, für den Ausbau der Schule eine möglichst breite Grundlage zu schaffen. Daß dieses gelungen ist mit der Gründung des Schulzweckverbandes für den nördlichen Teil des Kreises Wittgenstein (Stadt Berleburg, Fürstl. Gutsbezirk, Amt Arfeld, Amt Berghausen und Amt Girkhausen), kann für die Fundierung und Entwicklungsmöglichkeit der höheren Schule gar nicht hoch genug eingeschätzt werden . Es steht zu hoffen, daß in absehbarer Zeit diese Frage endgültig gelöst wird, zumal von Seiten der Stadt Berleburg der Ankauf eines Hauses zw. Ausbau der Schule beschlossen ist und damit die materielle Grundlage für die weitere Entwicklung der höheren Schule gelegt ist.
Die so Ostern 1921 eröffnete "Höhere Knaben- und Mädchenschule" wurde der Oberrealschule und dem Realgymnasium in Marburg angegliedert : dem Direktor der Marburger Anstalt ist die schultechnische Aufsicht und die Abhaltung der Schlußprüfung übertragen; lt. Verfügung der Regierung vom 11.11. 1923 ging die Aufsicht auf den Direktor der Oberrealschule Weidenau über (aus dem Jahresbericht von 1923).
(Das Kollegium bestand zur Zeit des Berichts aus folgenden Lehrkräften: StAss Schneider (Nachfolger des am 8. April 1921 eingeführten, am 21.
Oktober jedoch bereits aus Gesundheitsgründen wieder ausgeschiedenen ersten Leiters StAss Sangmeister), StAss Dr. Prediger, Mittelschullehrer Buschhaus, Lehrerin Dabel, Lehrer Suter, Pfarrer Koch, Lehrerin Klemp und Lehrerin Müschen.)
Schon hier gibt es für den Chronisten eine Einschränkung. Denn bis zur Anerkennung als Vollanstalt hat es, von 1925 ab gerechnet, immerhin noch 31 Jahre gedauert, bis daß das Vollgymnasium endlich anerkannt wurde. So wechseln ständig die amtlichen Anstaltsbezeichnungen: Höhere Knaben-und Mädchenschule, Realschule, Oberschule für Jungen, Progymnasium bis zum heutigen "Johannes-AlthusiusGymnasium Bad Berleburg, math.- naturwiss.-Gymnasium".
Der Kultusminister hatte 1924 die Umwandlung der Rektoratsschule in eine sechsklassige Realschule genehmigt. Ostern 1925 wurden die ersten Schüler mit der Obersekundareife entlassen. Bis dahin mußten die Schüler als Externe die Abschlußprüfung vor dem Direktor der Oberrealschule in Weidenau ablegen. Karl Schneider, der 1921 als Studienassessor nach Berleburg kam, übernahm 1924 die Leitung der Schule und wurde 1925 zum Studiendirektor ernannt.
Zu Beginn des Sommer-Schulhalbjahres 1925 hatte die Realschule 231 Schüler, davon waren 114 aus Berleburg, 117 aus den Nachbargemeinden. Das war für die damaligen Verhältnisse eine ansehnliche Zahl, wenn man bedenkt, daß der Kreis Wittgenstein vor dem 2. Weltkrieg nur 15 000, die Stadt Berleburg etwa 3000 Einwohner hatte. Allerdings sank die Schülerzahl als Folge des Geburtenrückganges nach dem 1. Weltkrieg erheblich. 1930 waren es
nur noch 119 Schüler. " Als sich die ersten Anzeichen einer rückläufigen wirtschaftlichen Konjunktur bemerkbar machten, tauchte bei einigen Leuten, die von jeher keine Freunde der Schule waren, der Gedanke auf, die Schule auf irgendeine Art wieder los zu werden und dadurch ihre Steuerlasten zu senken. ...In einer Stadtverordnetenversammlung Februar 1931 wurde dann auch von einigen Stadtverordneten der Antrag eingebracht, die Realschule aufzulösen. Die Mehrheit der Versammlung bereitete diesem Antrag jedoch ein Begräbnis erster Klasse: eine dreigliedrige Kommission wurde mit der Prüfung des Antrages beauftragt. Nach ca. 2 Monaten trat diese Kommission zu ihrer ersten und zugleich letzten Sitzung zusammen. Zum Schluß der Besprechungen erklärte ein Mitglied, der damalige Stadtverordnetenvorsteher, er werde sich an weiteren Sitzungen der Kommission nicht mehr beteiligen, und so ist denn sang- und klanglos der damalige Antrag der betr. Stadtverordneten zu den Akten gelegt worden. ...Einmal trug dazu wohl die Zahl der Ostern 1931 von der Volksschule zur Aufnahme empfohlenen 39 Sextaner bei, dann wohl auch die Tatsache, daß die Mehrzahl der Stadtverordneten die Verantwortung für die Auflösung der Realschule nicht übernehmen wollte und konnte." (Zitiert aus einem Brief des Schulleiters an den Dezernenten im Schulkollegium Münster).
Hierbei muß erwähnt werden, daß nicht die Stadt allein Trägerin der Schule war, sondern daß die Stadt und die damaligen Ämter Arfeld, Berghausen und Girkhausen sowie der fürstliche Gutsbezirk Berleburg sich zu einem "Schulzweckverband für den nördlichen Teil des Kreises Wittgenstein" zusammengeschlossen hatten. Es ist dann in jenen Jahren auch nie mehr von der Auflösung der Anstalt gesprochen worden.
Als nämlich 1924 die Anerkennung der Realschule durch den Minister ausgesprochen wurde, war der ausschlaggebende Gesichtspunkt die Tatsache, daß es für die Bewohner des nördlichen Wittgenstein keine Möglichkeit gab, ihre Kinder als Fahrschüler eine anerkannte höhere Schule besuchen zu lassen. Eine Aufhebung der Realschule in Berleburg hätte für viele an Geist und Körper gesunde Kinder unermeßlichen Schaden gebracht. Dies hat damals Direktor Schneider immer wieder zum Ausdruck gebracht und sich mit allen Kräften gegen eine Auflösung im Interesse der Bevölkerung gewehrt.
Als der Mitbegründer der Realschule, Bürgermeister Hornung, 1931 nach 27-jähriger Tätigkeit in den Ruhestand trat, sagte der damalige Stadtverordnetenvorsteher Rektor Fuchs in einem Rückblick u.a.: "Auch die Gründung der Realschule, über die die Kritik noch nicht schweigt, müssen wir Herrn Bürgermeister Hornung als Plus buchen; denn sie entsprang dem Gedanken, daß es für den ganzen nördlichen Teil des Kreises Wittgenstein keinerlei Möglichkeit gab, die Kinder ohne frühes Hinausgehen in die Fremde höhere Schulen besuchen zu lassen. Wie er es dann fertig gebracht hat, die leicht auseinanderstrebenden Kräfte dauernd in einem Schulzweckverband zusammenzuhalten, das war eine Leistung, wie sie nur einem in allen Sätteln gerechten Verwaltungsbeamten möglich ist".
Eine Umwandlung könne nur von unten herauf erfolgen. Dies hätte bedeutet, daß erst 1938 die bisherige Realschule aufgelöst worden wäre.
Die wirtschaftliche Notlage des Deutschen Reiches 1932 ließ aber anscheinend die Gegner der Schule nicht verstummen. Das geht u.a. aus einem Brief des damaligen Kuratoriumsmitglieds August Bald an den Schulleiter hervor, kurz nach dem Tode des früheren Bürgermeisters Hornung Ende Februar 1932. Da heißt es: "Ich glaube aber auch versichern zu können, daß alle anderen, seien es Bürger hiesiger Stadt oder Landbewohner, seien es Stadtverordnete oder Amtsverordnete oder Schulzweckverbandsmitglieder, alle nur den einzigen Wunsch haben, die Anstalt über die Schwere der Zeit hinwegzubringen. Kein ernsthafter und verantwortungsbewußter Vertreter der Allgemeininteressen wird sich der Notwendigkeit des höheren Schulwesens im nördlichen Teil des Kreises Wittgenstein weder entziehen können noch wollen. "
Wenn der Chronist der Berichterstattung um die Erhaltung der Realschule einen breiteren Raum gegeben hat, so deshalb, um zu zeigen, mit welch äußeren Schwierigkeiten auch Studiendirektor Schneider als Schulleiter zu kämpfen hatte und zugleich immer wieder mit aller Kraft die Notwendigkeit einer höheren Schule in Nord-Wittgenstein vertrat. Auch 1938, in der Zeit des Nationalsozialismus, tauchte einmal die Frage der Umwandlung auf. Das beweist ein Zeitungsartikel am 1. Juni 1938, in dem der frühere Bürgermeister Peußner unter dem Titel "Nicht Abbau, sondern Aufbau" schrieb, daß "bei dem jetzt gerade im Umbruch befindlichen höheren Schulwesen im Reich nichts versäumt wird, um diese Lehranstalt nicht nur in der jetzigen Form zu erhalten, sondern, daß sie zu einer vollgültigen Anstalt ausgebaut und die Last der jetzigen Unterhaltsträger entweder ganz beseitigt oder doch ganz erheblich gesenkt wird. Dies in einer Weise, daß einem noch größeren Kreise von Wittgensteiner Volksgenossen die Benutzung der Schule möglich gemacht wird" .
Aus den Archivunterlagen ist zu ersehen, daß 1936 der Schulzweckverband damals den Antrag auf eine Umwandlung in eine staatliche Anstalt stellte, der aber wohl abschlägig beantwortet wurde.
Der 2. Weltkrieg machte dann jeder Diskussion ein Ende. Nach einer zwangsweisen Unterrichtspause am Ende des Krieges wurde im Dezember 1945 der Unterricht mit 159 Schülern wieder aufgenommen. Während des Krieges lag die Schulleitung in Händen von Studienrat Dr. Prediger, dann leitete Frau Dr. Florin die Anstalt, bis Ende 1952 Studiendirektor Schneider wieder sein altes Amt übernahm.
Die größte Sorge des Schulzweckverbandes blieb die Finanzierung der Schule, die inzwischen den Namen "Oberschule", später dann"Progymnasium" trug. Es ging in den
Das alte Kreiskrankenhaus
fünfziger Jahren nicht mehr um Umwandlung oder Auflösung, sondern um die Frage,*ob man auf breiter Basis einen neuen Schulträger finden würde. Vor allem die Stadt Berleburg wurde mit den Lasten der finanziellen Verpflichtungen kaum noch fertig. Sie waren durch das neue Schulgebäude im Herrengarten noch mehr gestiegen. 1956 erfolgte die ministerielle Genehmigung zum Ausbau der Schule zu
einer Vollanstalt. Es muß hierbei erwähnt werden, daß in den Jahren 1946 und 1947 an unserer Schule das Abitur abgelegt wurde. Es handelte sich um sog. Förderklassen, die infolge der Kriegsauswirkungen (Evakuierungen) mit staatlicher Genehmigung eingerichtet wurden; danach wurde nur noch 1950 und 1951 die Reifeprüfung durchgeführt. Ein Ausbau zur Vollanstalt war leider damit nicht gegeben und es blieb für die nächsten Jahre beim "Progymnasium".
Das Schuljahr 1957/58 wurde dann von der Unsicherheit über die Frage beherrscht, ob ggf. ab 1. April 1958 die Evangelische Landeskirche von Westfalen die Trägerschaft übernehmen würde. Aus der seit Jahrzehnten bestehenden öffentlichen Schule sollte eine "Ersatzschule" (Privatschule) werden. Kultusministerium und Kirchenleitung waren sich bereits grundsätzlich über die Übergabe einig. Der Schulverband sah sich von allen finanziellen Lasten befreit. Ihm ging es einfach um die Frage des Geldes. So verständlich das auch in gewisser Hinsicht gewesen sein mag, aber der Gedanke, nur aus diesem Grunde eine öffentliche Schule aus der Hand zu geben, fand immer stärkeren Widerstand bei denen, die in gleichem Maße Interesse an der uneingeschränkten Lehr- und Lernfreiheit bekundeten: Eltern und Lehrer. So wurde das Schuljahr zu einem Jahr stärkster Unruhe, vor allem auch in der Lehrerschaft. Selbst die innerschulische Arbeit litt sehr darunter. Schließlich kam der Vertrag mit der Landeskirche doch nicht zustande. Die Landesregierung erklärte sich bereit, 80 v. H. der Sachkosten zu übernehmen, nachdem inzwischen die Lehrkräfte Landesbeamte geworden waren.
Wie schon gesagt, wurde die Schule nun Vollanstalt. Jahre um Jahre hatte man um diese Anerkennung gerungen. Es war vielleicht das schönste Geschenk für den langjährigen Schulleiter, daß er das erste Abitur an der neuen Vollanstalt im Frühjahr 1959 abnehmen konnte.
Am 25. März 1959 wurde Karl Schneider vom Kultusminister als Oberstudiendirektor bestätigt. Nach 38-jähriger Tätigkeit trat er am 31. März 1959 in den Ruhestand.
Da der bisherige Schulzweckverband, dem die Stadt und das Amt Berleburg sowie der fürstliche Gutsbezirk angehörten, als Basis für die Trägerschaft zu klein war, wurde am 26. Februar 1962 der neue "Schulverband Gymnasi-- um" konstituiert, dem nun auch der Kreis Wittgenstein beitrat. Der Gutsbezirk schied aus. Die Geschäftsführung ging von der Stadt auf den Kreis über. Seit der Kommunalreform am 1. 1. 1975 befindet sie sich in Siegen.
Nach dem Beispiel zahlreicher anderer Gymnasien sollte auf Anregung des Schulkollegiums auch für unsere Anstalt ein besonderer Name gefunden werden. Die Namenswahl fiel deshalb nicht schwer, weil aus Wittgenstein ein berühmter Rechtsgelehrter des 16. Jahrhunderts stammte, dessen Heimatort Diedenshausen war und der unter dem damaligen Grafen Ludwig dem Älteren auf Anregung des Ortspfarrers die akademische Laufbahn einschlug und in der Gelehrtenwelt durch sein Buch "Politica methodice digesta" einen bedeutenden Rang erhielt: Johannes Althusius.
Am 26. November übergab in einer Feierstunde der Dezernent der Anstalt, Oberschulrat Köhler, die Verleihungsurkunde.
Schulbauten
"Die Vorbereitungen zu dem von der Stadt geplanten Neubau sind soweit vorgeschritten, daß wohl mit dem Beginn des Baues alsbald gerechnet werden kann". So steht es im Schuljahresbericht 1924/25 geschrieben. Aber daraus wurde nichts. 1922 hatte die Stadt das am Marktplatz (heute Goetheplatz) gelegene Jost'sche Haus gekauft und als Schule umgebaut. Jetzt hatte die Realschule 2 Gebäude; das andere lag etwa 150 m die Schloßstraße abwärts gegenüber der evangelischen Kirche (in der bisherigen Stadtkasse). Während des 2. Weltkrieges wurde hinter dem Gebäude am Schulrainchen eine Baracke mit zwei Klassenräumen errichtet. Die katholische Kirchengemeinde stellte ihren Kirchensaal hinter dem alten Pfarrhaus zur Verfügung. Eine Schule unter vier verschiedenen Dächern. Die Schülerzahl stieg, es wurde immer enger. Das Haus am Goetheplatz war ständig reparaturbedürftig. Ein Neubau blieb unausbleiblich, wenn man überhaupt dem Gedanken an den Ausbau zur Vollanstalt nähertreten wollte. 1955 kam man einen kleinen Schritt weiter. Nachdem der Krankenhausneubau am Sähling fertiggestellt worden war, wurde das alte Haus an der Poststraße für die Aufnahme von 5 Klassenräumen und Nebenräumen eingerichtet. Das Haus am Goetheplatz wurde dem
Jugendherbergsverband zur Einrichtung einer dringend notwendigen Jugendherberge übereignet. Aber es war auch schon eine beschlossene Sache, hinter dem alten Krankenhaus an der Odeborn den Neubau zu errichten. Das Richtfest war am 16. Juli 1955, und am 28. Juli des nächsten Jahres konnte die Einweihung stattfinden. Die veranschlagten Baukosten in Höhe von 750.000,--DM wurden nicht überschritten. Das neue Haus hatte 10 Klassenräume, 1 Physikraum, 1 Chemieraum, 1 Biologiezimmer, 1 Zeichensaal, 1 Gymnastikraum bzw. Musikraum, 1 Verwaltungstrakt (Direktorat und Lehrerzimmer mit Bücherei). Jahrzehnte hatte sich die Schule mit der Volksschule zusammen in die Benutzung der städtischen Turnhalle teilen müssen. So war auch der Bau einer eigenen Turnhalle unbedingt erforderlich. Auf dem Gelände im Herrengarten wurde 1965 dann die zweigeschossige Halle in Benutzung genommen. Unten befinden sich die Umkleideräume und ein großer Gymnastikraum, im Obergeschoß die ausgezeichnete eigentliche Turnhalle. Schon vorher (1956) hatte man hinter dem Bau an der Odeborn eine Hundert-Meter-Laufbahn und Anlagen für Kugelstoßen, Hoch- und Weitsprung angelegt.
Bildungswerbung und geburtenstarke Jahrgänge ließen die Schülerzahl in den 60er Jahren stark anwachsen. Das neue Schulgebäude von 1956, für ein kleines Progymnasium konzipiert, wurde schnell zu klein. Auch das alte Kreiskrankenhaus an der Poststraße, früher einmal "Hauptgebäude", jetzt "Dependance", konnte den Zustrom der Schüler nicht mehr aufnehmen.
Nicht zuletzt der miserable bauliche Zustand des altehrwürdigen Gebäudes bewog den Schulträger, einen für diese Jahre großzügigen Erweiterungsbau zu planen. Aus den im Rahmen eines Architektenwettbewerbs eingereichten Entwürfen wurde durch eine Jury der des Architekten Bonin, Siegen, ausgewählt.
Im Juli 1969 konnte der Neubau endgültig übernommen werden. Wenn sich
das "neue Haus" auch bald als für den schulischen Alltag nicht unbedingt ideal erwies, so brachte es doch wenigstens das Ende -wie sich zeigen sollte das nur vorläufige Ende- der Raumnot. Ein langgehegter Wunsch freilich ging mit dem Erweiterungsbau in Erfüllung: Mit der neuen Aula besaßen Schule und Bürgerschaft endlich einen repräsentativen Festsaal. Leider ist der großzügige Gesamtplan von 1965 bis heute ein Torso geblieben: Das alte Gebäude des Kreisgesundheitsamtes stand zunächst der vollständigen Fertigstellung des 2. Klassentraktes im Wege. Es wurde einige Zeit nach Umzug der Behörde in ein neues Gebäude im Jahre 1973 abgerissen.
Inzwischen stieg die Schülerzahl weiter an. Von Jahr zu Jahr wurde die Raumnot größer. Mit der Einführung der
differenzierten Oberstufe mit ihrem stark gegliederten Kurssystem wuchs sich der Raummangel zur unerträglichen Raumnot aus, die nicht mehr verantwortet werden konnte. Diese Notlage wurde anläßlich einer "Schulbereisung" durch Vertreter des Schulkollegiums Münster und der Bezirksregierung Arnsberg ausdrücklich anerkannt. Daraufhin beschloß der Schulträger Ende 1974 die Errichtung eines Erweiterungsbaues> der den räumlichen Anforderungen eines Gymnasiums mit ca. 700 Schülern voll genügen sollte. Die Pläne wurden vom Kreisbauamt Siegen Anfang 1975 fertiggestellt und sind inzwischen schulaufsichtlich und bautechnisch genehmigt.
Nun warten Schüler, Lehrer und Elternschaft seit etlichen Monaten auf den Baubeginn.
als wir noch spielten
Spiel in jeder Form ist Freimacher, Konflikttöter, Aggressionslöser und manches andere mehr, was die "neuen Jahre" herausgefunden haben. Ob wir das alles immer gewußt haben, weiß ich nicht, aber wir haben damals gespielt. Heute wissen wir es (z.T. sehr genau), aber wir spielen nicht mehr. C'est la differente.
Nicht einmal unsere vielen, vielen Sportspiele gaben uns wissenschaftliche Probleme auf. Aber wir spielten, und -hört, hört- wir gewannen sogar meistens. Vielleicht weil jedes Spiel ein Fest, ein gemeinsames Fest war und fast alle Lehrer und Schüler(innen!) dabei waren.
Vor allem aber: wir spielten Theater. Jedes 2. Jahr, und immer, wenn es uns wieder einmal juckte; dann hockten wir beisammen: Paul Terhaag (später auch Erich Wolf), Wolfgang Kreutter, Maxl Deppe (Musik also, Bühnenbild und Organisation) und irgendwelche interessierte Schüler und Schülerinnen (ob sie und in welchem Maße und Abstimmungsverhältnis sie "mitbestimmten", wird wohl nie mehr zu klären sein) und brüteten das nächste Ei aus. So entstand die "Schöne Lau" im Jahre 1951. Feiges Edeltraud spielte sie, und Direktor Schulte aus Münster (o Ihr Referendare Westfalens: Ihr hättet ihn nicht wiedererkannt!) und Frau Oberschulrätin Justus fütterten vor lauter Begeisterung bei offener Szene (Freilicht im Hofe der heutigen Jugendherberge, wie zu Shakespeares Zeiten) die "Schauspieler" mit Schokolade, und fast kippte die Regie.
So begann es und ging weiter (u.a.!) mit so wundersamen Musikspielen wie "Der Igel als Bräutigam" (Bresgen!), "Brüderlein Hund", "Des Kaisers neue Kleider", einem Turm- und Glockenspiel (Wolfgang Kreutter, Deine Turmuhr war ein bühnenbildlerisches Meisterstück!). Wieder war Frau Justus zu Gast. Wißt Ihr noch, welch herrliche "Sünde" unser Pastorentöchterchen Irmela Wurm spielte, nachdem sie als "Unschuld" ungewollte Lachstürme erweckt hatte ? Ein Politkabarett (was waren wir doch progressiv!) mit einem Jazzquintett begeisterte 700 Zuschauer, und dann wagten wir uns (in den 50er Jahren!) an ein selbstgebasteltes Spiel: ein Lebensbild Heinrich Heines an Hand seiner Gedichte und Schriften (seht Ihr mich noch in der "Matratzengruft" aus Herrn Newelings Beständen?). Ein herbeigeeilter Heinekenner aus Düsseldorf nannte unsere Aufführung "frappierend" und "wichtig".
Das Singspiel " Der Igel als Bräutigam "
Das alles und vieles andere mehr gipfelte dann wohl in dem großen Festspiel anl. der 700-Jahrfeier der Stadt Berleburg: eine Uraufführung von Sylvanus, im Playback-Verfahren (wohl erstmalig an einer Schule der Bundesrepublik durchgeführt), vor dem Schloß, bei Fackellicht, vor über 4000 Zuschauern. Nächte hatten wir im "Musiksaal" und in den Fluren gearbeitet, um den klanggerechten "Hall" für die Tenorstimme Ernst Hoffmanns zu finden und auf Band zu zaubern; Kostüme wurden (zum ersten Male bei uns!) aus Dortmunds Theaterstuben entliehen; ein Posaunenchor (Leitung: Herr Rothenpieler) erklomm auf gefährlichen Stufen zu nächtlicher Stunde den Schloßturm. Und als zum Schluß unseres Spieles entsprechend dem Textbuch unser Chor auf der Bühne "Großer Gott, wir loben Dich" zusammen mit den herrlich klingenden Posaunen anstimmte, da fielen 4000 Menschen ganz unplanmäßig und spontan in einen mächtigen Schlußakkord ein. Man hat mir glaubwürdig berichtet, daß auf den Gegenhöhen, vor allem an der Bismarck-Säule, Hunderte von Menschen gestanden haben, die bei diesem Choral nicht zu sprechen wagten.
"Die Freier", von J.v. Eichendorf, aufgeführt auf der Freilichtbühne Raumand 1949
Wißt Ihr noch? Ist diese kleine Rückschau nun sentimentale Nostalgie, oder ist sie bezaubernde, verzaubernde Erinnerung? Ich kann es nicht entscheiden. Das müssen Jüngere tun. Ihr fragt vielleicht, was ich denn nun dabei zu tun hatte: ich war immer "mittemang". Und immer mittemang sein dürfen, ist das nicht zutiefst Glück
Aus den alten Jahresberichten ist zu ersehen, daß vor dem Kriege die Schule für die Eltern und Freunde der Anstalt regelmäßig Schulkonzerte, Kirchenkonzerte u.a. durchführte. Nach 1950 nahm diese Aufgabe noch größeren Raum ein. Es kann hierbei nur chronologisch aufgezählt werden, mit welchen Veranstaltungen man an die Öffentlichkeit trat:
1952 Märchenspiel "Das Lachen der schönen Lau" auf dem Schulhof am Goetheplatz
1954 Märchenoper "Igel der Bräutigam"
im Capitoltheater
1956 "Das Stundenspiel" (zur Einweihung des neuen Gebäudes)
1965 Märchenoper "Brüderlein Hund" von C. Bresgen
Dazu kommen die Weihnachtskonzerte, die im Festsaal des evangelischen Jugendheims stattfanden. Die Instrumentalgruppen (Orchester, Blockflöten u.a.) haben stets die Schulfeiern mit ihren Darbietungen ausgestaltet. Die Blockflötengruppe beteiligte sich bei den Weihnachtsfeiern für die alten Berleburger im Schloß.
Die Theaterfahrten für die Oberstufe führten nach Bad Hersfeld, Recklinghausen, Siegen und Gießen. Daneben fanden Aufführungen durch auswärtige Ensembles in der eigenen Aula statt. Besonderen Anklang fanden die zahlreichen Schulfeste. Neben den von der
SMV durchgeführten Schulbällen bleiben allen Teilnehmern die großen Kostümfeste während der Karnevalszeit in Erinnerung. 1960 wurde das erste dieser Art in allen Räumen des Neubaus unter dem Motto "2000 mm unter dem Niveau" veranstaltet. 1962 hieß das Motto "Zirkus Althaus "; gefeiert wurde im Kurhaus. Später konnten alle Festveranstaltungen in der eigenen Aula stattfinden.
Die Studienfahrten hatten ihre besondere Aufgabe; Zielorte waren vor allem Berlin, München und Hamburg. Auslandsfahrten führten nach Finnland (Schüleraustausch), Frankreich (Austausch) und Wien.
Seit 1958 wurden auch die "religiösen Schulwochen" zu einer ständigen Einrichtung. Sie wurden bisher insgesamt dreimal durchgeführt.
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